Navigieren im Kanton Schwyz

Bauen und Naturgefahren

Mit wenig Aufwand Schaden verhindern

Viele Gebiete des Kantons Schwyz werden von gravitativen Naturgefahren wie Hochwasser, Steinschlag, Murgängen, Rutschungen und Lawinen bedroht. Im Rahmen des Baubewilligungsverfahrens ist es darum Pflicht, sich mit der Naturgefahrensituation vor Ort auseinanderzusetzen. Nach Möglichkeit soll dort gebaut werden, wo keine Naturgefahrenprozesse auftreten. Ist dies nicht möglich, sind Bauten und Anlagen mit geeigneten Massnahmen zu schützen.

Klärung Gefahrensituation

Die Nutzungsplanungen der Gemeinden zeigen auf, wo Gefahrenzonen vorhanden sind. Im Baureglement ist zudem beschrieben, was die verschiedenen Gefährdungen bedeuten. Noch haben nicht alle Gemeinden Gefahrenzonen ausgeschieden. Als Ergänzung zu den Unterlagen der Gemeinden ist darum in jedem Fall die kantonale Naturgefahrenkarte zu konsultieren.

Auswirkungen auf das Bauvorhaben

Befinden sich Bauten und Anlagen im Wirkungsbereich von Naturgefahren, so sind je nach Gefährdung und Art des Bauvorhabens Schutzmassnahmen erforderlich. Folgend ist beschrieben, was die verschiedenen Gefahrenbereiche für Bauvorhaben bedeuten.

Roter Gefahrenbereich - erhebliche Gefährdung Roter Gefahrenbereich («erhebliche Gefährdung»)

  • Es gilt grundsätzlich ein Bauverbot.
  • Ausnahmen können gewährt werden im Rahmen der Standortgebundenheit oder der Bestandesgarantie, wenn Massnahmen zur Risikominderung umgesetzt werden. In diesem Fall ist der Nachweis der Standortgebundenheit oder der Bestandesgarantie zu erbringen. Zudem ist ein Objektschutznachweis zu erarbeiten und zusammen mit den Baugesuchsunterlagen einzureichen (siehe Objektschutzmassnahmen). Vorgängige Kontaktnahme mit dem Fachbereich Naturgefahren wird empfohlen.

Blauer Gefahrenbereich - mittlere Gefährdung Blauer Gefahrenbereich («mittlere Gefährdung»)

  • Bauten und Anlagen sind durch geeignete Objektschutzmassnahmen vor schweren Schäden zu schützen. Je früher eingeplant, desto günstiger, weniger sichtbar und weniger komplex werden die notwendigen baulichen Massnahmen.
  • Zu diesem Zweck ist ein Objektschutznachweis zu erarbeiten (siehe Objektschutzmassnahmen) und zusammen mit den Baugesuchsunterlagen einzureichen.
  • Die Gefahrensituation kann sich aufgrund des Bauvorhabens verändern (z.B. Verschärfung der Hochwassergefahr bei Absenkung des gewachsenen Terrains). Eine solche Verschärfung ist zu vermeiden.
  • Ebenfalls muss vermieden werden, dass die Gefahr auf Nachbarparzellen verlagert wird (siehe Gefahrenverlagerung).
  • Für sensible Objekte gilt grundsätzlich ein Bauverbot.
  • Für unbedeutende Schadenpotenziale (z.B. Holzschopf) und geringfügige bauliche Änderungen (z.B. Aussentreppe an einem bestehenden Gebäude) kann allenfalls auf einen Objektschutznachweis verzichtet werden.

Gelber Gefahrenbereich - geringe Gefährdung Gelber Gefahrenbereich («geringe Gefährdung»)

  • Schutzmassnahmen sind grundsätzlich nicht zwingend.
  • Massnahmen sind aber auch in gelben Gefahrenbereichen oft sinnvoll und einfach umzusetzen. Je früher eingeplant, desto günstiger, weniger sichtbar und weniger komplex werden die notwendigen baulichen Massnahmen.
  • Die Gefahrensituation kann sich aufgrund des Bauvorhabens verändern (z.B. Verschärfung der Hochwassergefahr bei Absenkung des gewachsenen Terrains). Eine solche Verschärfung ist zu vermeiden.
  • Ebenfalls muss vermieden werden, dass die Gefahr auf Nachbarparzellen verlagert wird (siehe Gefahrenverlagerung).
  • Sensible Objekte (siehe Hinweise) sind durch geeignete Vorsorgemassnahmen / Objektschutzmassnahmen vor Schäden zu schützen. Zu diesem Zweck ist ein Objektschutznachweis zu erarbeiten (siehe Objektschutzmassnahmen) und zusammen mit den Baugesuchsunterlagen einzureichen.

Gelb-weiss gestreifter Gefahrenbereich - Restgefährdung Gelb-weiss gestreifter Gefahrenbereich («Restgefährdung»)

  • Schutzmassnahmen sind aufgrund der geringen Wahrscheinlichkeit des Prozesses nicht zwingend.
  • Bei sensiblen Objekten (siehe Hinweise) ist fallweise zu prüfen, ob Objektschutzmassnahmen umzusetzen sind.

Brauner Gefahrenbereich - Hinweisbereich Brauner Bereich (Gefahrenhinweisbereich)

  • Die Gefährdung von Personen, Tieren und Sachwerten ist fallweise zu prüfen. Je nach Gefahren und Risiken sind auch im Gefahrenhinweisbereich geeignete Vorsorgemassnahmen zum Schutz vor schweren Schäden zu ergreifen.

Objektschutzmassnahmen und Objektschutznachweis

Objektschutzmassnahmen

Der Schutz von Bauten und Anlagen kann auf unterschiedliche Art und Weise erreicht werden. Je früher eingeplant, desto günstiger, weniger sichtbar und weniger komplex werden die notwendigen Massnahmen. Bei der Planung spielen folgende Faktoren eine wichtige Rolle:

  • Welche Naturgefahrenprozesse sind im Bereich des Bauvorhabens zu erwarten?
    Schutzbauten gegen Sturzprozesse stellen andere Ansprüche als zum Beispiel solche gegen Seehochwasser.
  • Welche Art von Gebäude muss geschützt werden?
    Der Schutz eines Wohnhauses verlangt weitergehende Massnahmen als zum Beispiel der Schutz eines Holzschopfes.
  • Handelt es sich um einen Neubau oder eine Sanierung?
    Neubauten sollen grundsätzlich bis zu den sehr seltenen Ereignissen mit einer Wiederkehrperiode von 300 Jahren geschützt werden. Dies lässt sich in der Regel unproblematisch umsetzen, wenn die Massnahmen früh in die Planung einbezogen werden. Bei einer Sanierung ist ein gleichwertiger Schutz mit verhältnismässigem Aufwand oft nicht erreichbar. Der angestrebte Schutz liegt bei Sanierungen darum oft tiefer.

Einen Überblick über Objektschutzmassnahmen und deren Planung liefert die Internetseite www.schutz-vor-naturgefahren.ch. Insbesondere für Gebäude mit grosser Gefährdung oder erhöhtem Risiko wird empfohlen, frühzeitig eine Naturgefahrenfachperson beizuziehen. Bei Fragen betreffend Vorgehen steht auch der Fachbereich Naturgefahren zur Verfügung.

Objektschutznachweis

Bei Bauten und Anlagen in Bereichen mittlerer oder erheblicher Gefährdung (blaue und rote Gefahrenbereiche) oder bei sensiblen Objekten in Bereichen geringer Gefährdung (gelber Gefahrenbereich) ist zusammen mit dem Bauvorhaben zwingend ein Objektschutznachweis einzureichen. Der Umfang des Nachweises hängt von der Komplexität des Vorhabens ab. Dieser soll zumindest folgende Themen enthalten:

  • Beschrieb der Gefahrensituation
  • Beschrieb des Schutzkonzeptes und der Objektschutzmassnahmen
  • Beschrieb des verbleibenden Risikos nach Umsetzung der Massnahmen
  • Plandarstellung der Objektschutzmassnahmen
  • Beurteilung der Gefahrenverlagerung (siehe Gefahrenverlagerung)

Insbesondere für Gebäude mit grosser Gefährdung oder erhöhtem Risiko wird empfohlen, frühzeitig eine Naturgefahrenfachperson beizuziehen.

Gefahrenverlagerung

Bauvorhaben in Naturgefahrenbereichen können den Ablauf von Gefahrenprozessen beeinflussen. Dazu tragen nicht nur die Bauten an sich, sondern auch Terrainveränderungen bei, namentlich durch die Umgebungsgestaltung. Sich zu schützen ist ein Grundrecht, aber nicht zulasten anderer. Bei der Planung von Objektschutzmassnahmen ist darum immer zu prüfen, ob nicht eine übermässige Gefahrenverlagerung resp. Erhöhung des Risikos Dritter entsteht.

Bei grösseren Bauvorhaben namentlich im Bereich von Hochwassergefahrenbereichen kann es nötig sein, dass eine allfällige Gefahrenverlagerung durch eine Naturgefahrenfachperson geprüft werden muss. Ein entsprechender Nachweis (Fachgutachten) ist dem Baugesuch beizulegen. Darin sind in einem kurzen technischen Beschrieb das Vorgehen, die verwendeten Grundlagen, die getroffenen Annahmen und die Ergebnisse nachvollziehbar und vollständig festzuhalten.

Mobile Massnahmen

Permanente Schutzmassnahmen (Schutzmauern, Schutzdämme usw.) sind mobilen Massnahmen (Dammbalkensysteme, Sandsäcke usw.) vorzuziehen, da sie zuverlässiger sind. Zudem laufen Naturgefahrenprozesse im Kanton Schwyz in der Regel so ab, dass nicht genügend Zeit zur Verfügung steht, um mobile Schutzmassnahmen rechtzeitig zu positionieren.

Informationsmittel

Folgend finden Sie eine Auflistung von Hilfsmitteln, welche vertiefte Informationen zum Umgang mit Naturgefahren liefern:

Gebäudeschutz

Die Internetseite der Vereinigung Kantonaler Gebäudeversicherungen und weiterer Partner gibt einen Überblick über die Thematik Objektschutz. Hier sind alle relevanten Informationen und Planungshilfen zu finden. Zudem besteht die Möglichkeit, einen NaturgefahrenCheck für bestehende und geplante Gebäude durchzuführen.
Webseite: www.schutz-vor-naturgefahren.ch

Kantonale Naturgefahrenstrategie

Die im September 2019 verabschiedete kantonale Naturgefahrenstrategie regelt den Umgang mit Naturgefahren im Kanton Schwyz. Kantonale Naturgefahrenstrategie

Naturgefahrenportal des Bundes

Im Naturgefahrenportal des Bundesamtes für Umwelt BAFU finden Sie Informationen und Publikationen rund um das Thema Naturgefahren www.bafu.admin.ch

Schweizerischer Erdbebendienst

Der Schweizerische Erdbebendienst bietet auf seiner Internetseite aktuelle Informationen und Hintergrundwissen zum Thema Erdbeben in der Schweiz. www.seismo.ethz.ch

Schweizerischer Ingenieur- und Architektenverein SIA

Der SIA hat eine Dokumentation herausgegeben, die Fachpersonen mit Hintergrundwissen, Inputs und Anleitungen bei der Planung von naturgefahrengerechten Bauten und Anlagen unterstützt:

  • Schweizerischer Ingenieur- und Architektenverein SIA, Hrsg. 2019: Entwerfen & Planen mit Naturgefahren im Hochbau. Dokumentation D 0260. Zürich. 80 S. Bezugsquelle: Dokument D0260 im SIA-Shop
  • Schweizerischer Ingenieur- und Architektenverein SIA, Hrsg. 2020: Einwirkungen auf Tragwerke - Ergänzende Festlegungen. Dokumentation SIA 261/1. Zürich. 72 S. Bezugsquelle: Dokument SIA 261/1 im SIA-Shop
  • Schweizerischer Ingenieur- und Architektenverein SIA, Hrsg. 2020: Hochwasser - Wegleitung zur Norm SIA 261/1. Wegleitung SIA 4002. Zürich. 64 S. Bezugsquelle: Wegleitung SIA 4002 im SIA-Shop

Hinweise

Erdbebengefährdung

Bei den Naturgefahren stellen die für den Kanton Schwyz sehr seltenen Starkbeben das grösste Schadenrisiko dar. In der gesamten Schweiz ereignen sich zwischen 1’000 und 1’500 Erdbeben pro Jahr. 10 bis 20 davon sind stark genug, um von der Bevölkerung verspürt zu werden (Magnitude ≥ 2.5). Alle 60 bis 100 Jahre ist mit einem Beben der Magnitude 6 oder grösser zu rechnen. Dabei ist mit mittleren bis schweren Schäden in weiten Gebieten zu rechnen.

Der beste Schutz vor den Folgen eines Erdbebens bietet eine erdbebengerechte Bauweise. Die entsprechenden Anforderungen an Bauten und Anlagen werden in den SIA Normen 261ff (Bezug beim SIA-Shop) festgehalten, welche bei jedem Bauwerk als anerkannte Regeln der Baukunde berücksichtigt werden müssen. Der erdbebengerechte Entwurf eines Gebäudes und die fachgerechte und konsequente Umsetzung der Erdbebenbestimmungen der aktuellen SIA-Baunormen gewährleisten eine hohe Sicherheit für Personen und eine gesellschaftlich akzeptierbare Schadensanfälligkeit des Bauwerks.

Meteorologische Naturgefahren

Es ist zu berücksichtigen, dass die integrale Naturgefahrenkarte nur gravitative Naturgefahren darstellt. Dazu gehören Hochwassergefahren, Sturzprozesse (Stein- und Blockschlag, Felssturz, Bergsturz), Schneeprozesse (Lawinen, Gleitschnee), Rutschprozesse (Rutschungen, Hangmuren) und Einsturz (Dolinen). Weitere Naturgefahrenprozesse wie Erdbeben, Oberflächenabfluss oder Meteorologische Naturgefahren (Hagel, Sturm usw.) sind in der Gefahrenkarte nicht berücksichtigt. Diese Prozesse sind aber in jedem Fall bei der Planung von Bauten und Anlagen zu berücksichtigen.

Oberflächenabfluss

Hochwasser gibt es nicht nur, weil Bäche, Flüsse oder Seen über die Ufer treten. Auch Regen, der nicht im Boden versickern kann und über das offene Gelände abfliesst, kann zu Überschwemmungen führen. Dieses Oberflächenwasser verursacht bis zu 50 Prozent der Schäden durch Hochwasser und ist in den letzten Jahren vermehrt aufgetreten. Der Prozess Oberflächenabfluss ist nicht in der Naturgefahrenkarte enthalten und wird im Rahmen des Baubewilligungsverfahrens durch die Behörden nicht geprüft.

Die Karte dient Architekten und Architektinnen, Bauherren, Planern und Planerinnen, Behörden oder Interventionskräften bei der Planung von Schutzmassnahmen. An Gebäuden können relativ einfache Massnahmen das Wasser abhalten und so Schäden vermeiden: zum Beispiel, indem man Lichtschächte erhöht oder bei Tiefgarageneinfahrten Sperren oder kleine Geländekuppen anbringt.

Sensible Objekte

Unter sensiblen Objekten werden Nutzungen verstanden, die ein lokal erhöhtes Personen-, Sach- und/oder Umweltrisiko darstellen: Spitäler, Schulen, Industriebetriebe usw. Sie benötigen einen besonderen Schutz vor Naturgefahren.

Eigenverantwortliches Handeln

Bürgerinnen und Bürgern kommt beim Umgang mit Naturgefahren eine wichtige Rolle zu. Sie sollen durch eigenverantwortliches Handeln und solidarisches Verhalten zur Minimierung unnötiger Naturgefahrenrisiken beitragen. Dazu gehören zum Beispiel Vorsorgemassnahmen bei Bauten und ausreichender Versicherungsschutz.

Naturgefahrenkarte

Die Naturgefahrenkarten liefern Informationen, wo welche Gefahren drohen und wie häufig und mit welcher Intensität Naturgefahrenprozesse zu erwarten sind. Für die Dimensionierung von Objektschutzmassnahmen ist die Naturgefahrenkarte nur beschränkt geeignet. Detaillierte Angaben zu Dimensionierungsgrössen wie Überflutungstiefen, kinetische Energien von Sturzprozessen, Drücke von Lawinen usw. sind im Einzelfall von Fachpersonen zu ermitteln.

Aufgabe der kantonalen Fachstelle

Das Amt für Wald und Natur (Fachbereich Naturgefahren) prüft, ob ein Bauvorhaben in Bezug auf die gravitativen Naturgefahren mit den gesetzlichen Vorgaben vereinbar ist. Gutachten für Objektschutzmassnahmen wie auch zur Gefahrenverlagerung sind, wenn nötig, den Baugesuchsakten beizulegen. Fehlen solche Nachweise, so empfiehlt die Fachstelle der Leitbehörde, diese bei den Gesuchstellern einzufordern.

Die Verifikation von Stabililtätsnachweise, Dimensionierungsgrössen oder die Einhaltung einschlägiger Baunormen (SIA usw.) obliegt den Bauherrschaften.

Diese Seite drucken oder teilen:

  • Seite drucken